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Gedanken
zum Sonntag
10.
Februar 2002
Michael Broch, Leonberg
Hörfunkpfarrer am
SWR |
Närrisches
aus Kindermund
Die
letzten Fastnachtstage – Höhepunkte und Abschluss einer kurzen närrischen
Zeit. Manche bestehenden Ordnungen und Machtverhältnisse waren für
einige Wochen auf den Kopf gestellt. Diese „verrückte“, närrische
Zeit geht bis ins Mittelalter und noch weiter zurück. Die Armen verkleideten
sich in Reiche, die Untertanen in Mächtige, und sie benahmen sich
auch so . Diese närrische Zeit hat etwas Umstürzlerisches, Revolutionäres
an sich – allerdings gewaltfrei, manchmal etwas derb, aber meistens witzig.
Narren sagen gleich den Kindern die Wahrheit, sagt man. Was ist damit gemeint?
Mit
einigem Humor werden Dinge gesagt, die unter die Oberfläche gehen,
Vordergründiges lässt eine tiefere Bedeutung ahnen. Kritisches
kommt an, ohne weh zu tun.
Kinder
und Narren sagen die Wahrheit. Zwei Proben aus dem Religionsunterricht:
Für
Verena bedeutet das „Weltgericht“ ganz spontan die „Pizza“, weltweit die
Lieblingsspeise unzähliger Menschen. Schnell merkt Verena, dass das
wohl nicht die richtige Antwort sein konnte, fragt aber energisch nach:
„Warum frägt dann der Religionslehrer so unverständliche Sachen?
Der
aufgeweckte Thomas: Kennen Sie den? – Da kommen Leute in die Hölle.
Sie sind bass erstaunt, dass alles ganz anders ist als in ihren Vorstellungen:
Essen und Trinken in Hülle und Fülle, tolle Musik, alle erdenklichen
Freizeitvergnügungen. Dann sehen sie aus einem Brunnenschacht Rauch
aufsteigen und hören Menschen gequält stöhnen. Erregt danach
gefragt, was das sein soll, antwortet eine Stimme: „Das sind Christen,
manche wollen das so.“
Kinder
und Narren sagen die Wahrheit. Auch beim Familiengottesdienst machten wir
die Probe aufs Exempel:
Warum
ist die Kirche immer so kalt? – überlegt Oliver und kommt zu dem Schluss:
Wenn es etwas wärmer wäre, wäre das mit dem Glauben auch
leichter.
Warum
schauen die Leute in der Kirche so traurig drein? – entdeckt Kathrin und
empfiehlt: Gäbe es öfters flotte Musik, dann würde auch
das Beten fröhlicher.
Alex
beklagt, dass die Leute in der Kirche nicht auch mal klatschen und fragt:
Gefällt es ihnen nicht, wenn der Pfarrer von Jesus erzählt?
Frage
am Rand: Wäre auch Buh-Rufen erlaubt, wenn an den Menschen vorbei
über Jesus geredet wird?
Es
kann aber auch so sein: Dem Gottesdienst schloss sich das Gemeindefest
an, mit einem bunten Programm für Jung und Alt. Als die Eltern nach
zwei Stunden Fest mit Marc nach Hause gehen wollten, fragte dieser erstaunt:
„Ist die Kirche schon aus?“
Ja
– ist die Kirche schon aus, wenn sie aus ist? Was Narren und Kinder
auch für Fragen stellen können!
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